Im Takt mit dem Recht
Rechtsanwalt Müller
 

 



Darf die Miete gemindert werden?

Sind teile der Wohnung oder die ganze Wohnung durch das Hochwasser unbewohnbar, dann liegt hierin ein nachträglicher Mangel an der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 BGB. Die Miete ist dann kraft Gesetz gemindert, solange dieser Mangel besteht, da die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch (Wohnen) eingeschränkt oder gar ganz aufgehoben ist. Dies kann eine Minderung bis zu 100 % bei Unbewohnbarkeit auslösen. 


Mein Vermieter sagt, die Miete könne nicht gemindert werden, da es sich um höhere Gewalt handele, für die er nicht einzustehen habe. Ist das richtig?

Nein. Die Mietminderung tritt automatisch kraft Gesetz ein, unabhängig von einem Verschulden des Vermieters, also auch bei einer Naturkatastrophe. 


In welche Höhe ist die Miete gemindert?

Die Höhe der Minderung hängt vom Grad der Beeinträchtigung ab. Bei einer vollständigen Unbewohnbarkeit ist die Miete i. d. R. um 100 % gemindert und muss daher nicht gezahlt werden. Das gleiche gilt, wenn die Wohnung dauerhaft nicht erreichbar ist oder aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht betreten werden darf. Auch bei einer Unbewohnbarkeit aufgrund angeschwemmtem Schlamms, Fäkalien oder Unrat dürfte eine völlige Unbewohnbarkeit anzunehmen sein. Sind nur Teile der Wohnung nicht nutzbar, ist die Miete anteilig gemindert. Die jeweiligen Beträge sind dann im Einzelfall zu ermitteln oder noch besser im Einvernehmen mit dem Vermieter zu vereinbaren.  


In meinem Mietvertrag steht, dass die Mietminderung bei höherer Gewalt ausgeschlossen ist. Geht das?

Nein. Solche pauschalen Klauseln sind im Wohnraummietrecht unzulässig und damit unwirksam. Die gesetzliche Minderung bei Vorliegen eines Mangels ist für den Wohnraummieter zwingend und kann nicht durch Vertrag abbedungen werden. Etwas anders kann ggf. im Gewerberaummietrecht gelten oder, wenn ein Minderungsverzicht für einen ganz bestimmten Einzelfall von vornherein vereinbart wurde. 

Das Ahrtal nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021


Ist der Vermieter verpflichtet, das Gebäude instandzusetzen und die Mieträume zu sanieren?

Ja. Sofern das Gebäude nicht völlig zerstört ist, muss der Vermieters den vertragsgemäßen Zustand auf seine Kosten wiederherstellen. Der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, dass er die Schäden nicht verursacht und damit nicht zu vertreten hat. Die Wiederherstellungsverpflichtung des Vermieters besteht verschuldensunabhängig. 


Wie verhält es sich bei einer vollständigen oder teilweisen Zerstörung des Gebäudes. 

Bei einer vollständigen Zerstörung des Gebäudes ist der Vermieter nicht zur Wiederherstellung des Gebäudes verpflichtet. Das Mietverhältnis endet automatisch. Der Vermieter wird von der Pflicht frei, die Mieträume zu überlassen, der Mieter wird im Gegenzug natürlich von der Mietzahlung befreit. 


Ist das Gebäude nur teilweise zerstört, sieht es anders aus. In diesem Falle ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, dass Gebäude und die Mieträume wieder instandzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn dies für den Vermieter sehr hohe Kosten verursacht. Eine Grenze zieht die Rechtsprechung erst dann, wenn die sogenannte "Opfergrenze" überschritten ist. Ob dies der Fall ist, muss immer anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles ermittelt werden und kann nicht pauschal gesagt werden. Es darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einer- und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits.  Die Rechtsprechung geht aber jedenfalls davon aus,  wenn der Vermieter für die Instandsetzung Beträge aufwenden muss, die mehr als das Dreifache des Mietobjektes betragen oder wenn nicht innerhalb von 10 Jahren der Instandsetzungsaufwand durch eine Entsprechende Mietrendite ausgeglichen werden kann. 

 

 


Teilweise zerstörtes Haus im Ahrtal

Wer muss Schäden an Gebäuden und Wohnungen beseitigen?

Schäden am Gebäude durch eindringendes Hochwasser muss der Eigentümer des Gebäudes beseitigen. Geschuldet ist die Wiederherstellung des des ursprünglichen Zustands der Mietsache, also dem vertragsgemäßen Zustand der Wohnung bei Anmietung. Der Vermieter ist auch zuständig für das Abpumpen von eingedrungenem Wasser und für das Trockenlegen der Flächen und Räume. Die hierfür entstehenden Kosten dürfen auch nicht auf den Mieter umgelegt werden, da es sich um nicht-umlagefähige Instandsetzungskosten handelt. Wichtig: Der Mieter ist gesetzlich verpflichtet, dem Vermieter sämtliche Schäden unverzüglich anzuzeigen (§ 536 c Abs. 1 S. 1 BGB). Unterlässt der Mieter diese Anzeige, führt dies ggf. dazu, dass die Mietminderung nicht eintritt und sich der Mieter für Schäden, die durch die unterlassene Meldung entstehen, schadenersatzpflichtig macht.


Was ist mit zerstörter oder beschädigter Wohnungseinrichtung? 

Der Vermieter muss die Schäden am Gebäude beseitigen. Hierzu gehören auch eventuell notwendige Tapezier- und Streicharbeiten. Für die Schäden am Mobiliar und an der Wohnungseinrichtung muss der Mieter selbst aufkommen. Es empfiehlt sich insoweit ein Blick in die Police der Hausratversicherung. Sofern hier Elementargefahren mitversichert sind, übernimmt diese i. d. R. die Schäden an der Wohnungseinrichtung.  Etwas anderes gilt, wenn Einrichtungsgegenstände mitvermietet sind, z. B. möblierte Wohnung, Einbauküche etc. Dann muss der Vermieter auch diese Gegenstände wieder in den vertragsgemäßen Zustand versetzen. 



Welche Versicherungen zahlen?

Für Gebäudeeigentümer empfiehlt sich ein Blick in die Police der Gebäudeversicherung. Standardmäßig sind dort i. d. R. Schäden durch Feuer, Hagel oder Sturm abgedeckt. Damit die Gebäudeversicherung auch die durch die Flutkatastrophe entstandenen Schäden am Gebäude übernimmt, muss die Police sogenannte Elementarschäden enthalten. Bezüglich des Umfangs des Versicherungsschutzes gibt es große Unterschiede. In einigen Versicherungen sind auch Mietausfallschäden und Hotelkosten enthalten, wenn das Gebäude unbewohnbar geworden ist. 


Für die in der Wohnung befindlichen Einrichtungsgegenstände kommt ggf. die Hausratversicherung auf. Erforderlich ist auch hier, dass der Versicherungsschutz sogenannte Elementarschäden umfasst. 


Gewerbetreibende, z. B. Restaurants, Friseursalons, Gaststätten, Hotels u. ä. sollten ihre Inhaltsversicherung zur Hand nehmen. Eine solche Inhaltsversicherung umfasst oft auch Elementarschäden und kommt dann im Falle von Hochwasser für Schäden an der technischen und kaufmännischen Einrichtung des Betriebes auf. Auch untergegangene Waren und Vorräte sind ggf. durch die Inhaltsversicherung abgedeckt. 


 

Kann man aufgrund er Flutkatastrohe den Mietvertrag kündigen? 

Hier ist zu unterscheiden zwischen der Kündigung durch den Mieter und der Kündigung durch den Vermieter. Mieter von Wohnraum können jederzeit das Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von 3 Monaten kündigen (Bei längerer Vertragsdauer gelten ggf. andere Fristen). Wenn aufgrund der Flutschäden die Wohnung nicht in absehbarer Zeit wieder in einen vertragsgemäßen und bewohnbaren Zustand gebracht werden können, dann kann der Mieter auch außerordentlich, d. h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist wegen Gesundheitsgefährdung kündigen, §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 1 BGB. Auch wegen Entzugs des vertragsgemäßen Gebrauchs der Wohnung kommt eine solche fristlose Kündigung in Betracht, § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Mieter sollte dem Vermieter aber in diesen Fällen zunächst eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen. Wie lang diese Frist ist, hängt von Art und Umfang der Mängel ab. 


Der Vermieter kann dem Mieter nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses kündigen. § 573 Abs. 1 BGB setzt die Hürde für eine Kündigung durch den Vermieter sehr hoch an. Dies gilt auch in der Situation der Flutkatastrophe. Der Vermieter wird dem Mieter daher i. d. R. nicht ohne weiteres kündigen können. 


 
 
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